
Singen, tanzen, lachen, essen – wer Schweden von seiner authentischsten Seite erleben will, muss einmal in seinem Leben den Mittsommer erlebt haben.
Wenngleich Midsommar (oder Mittsommer auf Deutsch) in vielen Ländern gefeiert wird, verbindet man an erster Stelle Schweden mit dem Fest. Von den drei skandinavischen Ländern ist Mittsommer für die Schweden mit Abstand am bedeutendsten. Die Zeit der Sommersonnenwende ist für die Schweden auch eine Zeit der Magie, in der die Natur zum Leben erwacht und die Fruchtbarkeitssaison anbricht.
Es ist die Zeit der „Weißen Nächte“, der nimmer untergehenden Sonne, die in Schweden jährlich am Freitag und Samstag zwischen dem 19. und 25. Juni fröhlichen Mutes begrüßt wird. Der Freitag heißt midsommarafton (Mittsommerabend), der folgende Samstag midsommardag (Mittsommertag).
Ein ländliches Erlebnis
Das ursprünglich heidnische Fest ist für die Schweden die zweitgrößte Feier im Jahr nach Weihnachten, auch, weil im Anschluss die fünfwöchigen Sommerferien beginnen. Obwohl der Freitag des midsommarafton kein offizieller Feiertag ist, schließen die meisten Geschäfte am ersten Tag der Midsommar-Festlichkeiten.
Zum Mittsommer sterben die großen Städte vollständig aus. Die sonst so lebendigen Städte Stockholm oder Göteborg wirken wie verlassene Geisterstädte. Die Sommerfestlichkeiten werden traditionell mit der ganzen Familie auf dem Land zelebriert und finden im städtischen Trubel keinen Platz.
Schweden bezeichnen die Stimmung zum Mittsommer als ungewöhnlich ausgelassen und locker – im Gegensatz zur sonst eher versteiften, korrekten schwedischen Mentalität. Die Mädchen kleiden sich luftig-sommerlich und setzen sich Blumenkränze ins Haar, Alkohol wird in nicht unerheblichen Mengen konsumiert, die Volkslieder werden von Stunde zu Stunde lauter. Oft werden Euch auch Leute in traditioneller Tracht begegenen.
Ringel, Ringel, Reihe!
Kein Mittsommer kommt ohne den berühmten majstång, den Maibaum aus. Tatsächlich kam die Tradition des Maibaumes vermutlich aus Deutschland, doch da es Ende April in Schweden noch nicht genügend Grünzeug und Blumen gab, wurde der Maibaum zum Mittelpunkt der Midsommar-Festlichkeiten.
Der Maibaum wird am midsommarafton aufgestellt, um als Schauplatz fröhlicher Gruppentänze zu dienen. Viele Schweden beginnen ihren Freitagmorgen mit dem Pflücken hübscher Blumen, aus denen dann Kränze für den Maibaum aber auch die eigenen Köpfe geflochten werden.
Die traditionellen Ringeltänze um den Maibaum sind nicht bloß für Kinder, im Gegenteil: Jung und Alt, Mann und Frau erfreuen sich an dem gemeinschaftlichen Spaß, der nicht allzu ernst genommen wird. Der wohl berühmteste Mittsommer-Tanz der Schweden nennt sich små grodorna. Die Leute hüpfen um den majstång und imitieren dabei Froschsprünge.
Das ewige Festmahl
Ein typischer Mittagsteller zum Mittsommer: eingelegter Hering, Pellkartoffeln, Sauerrahm und Schnittlauch
Mittsommer bedeutet aber nicht bloß lustige Tänze und ausgelassene Musik. Beim nimmer enden wollenden Mittagessen werden traditionell die ersten gekochten Frühkartoffeln mit Dill, Schnittlauch und Sauerrahm gereicht, dazu verschieden Arten eingelegten Herings, Knäckebrot und Käse. Meist stellen sich daraufhin die Männer an den Grill und bereiten Spare Ribs oder Lachs zu. Zum Nachtisch gibt es die ersten Erdbeeren der Saison mit einer guten Portion Schlagsahne.
Getrunken wird bei dem Fest natürlich auch – und zwar viel. Neben kaltem Bier ist besonders ungesüßter Gewürzschnaps beliebt. Und da bei jedem Mal Nachfüllen aufs Neue gesungen wird, könnt Ihr nach einem Mittsommer wahrscheinlich zehn schwedische Lieder im Schlafe zum Besten geben.
Ein Fruchtbarkeitsfest in jeglicher Hinsicht
Nach so viel essen stürzen sich die jugendlichen und erwachsenen Gäste ins Tanzabenteuer. Begleitet von traditioneller Musik schwingen die Schweden auf offenem Feld das Tanzbein – bei dem Alkoholpegel wird hier die ein oder andere Bekanntschaft geschlossen.
Auf ihrem Heimweg sollen die Mädchen sieben verschiedene Blumensorten pflücken. Bevor sie sich müde auf ihr Bett werfen, verstecken sie die Blumen unter ihrem Kissen. So erscheint ihnen in der folgenden Nacht ihr zukünftiger Ehemann.
Mittsommer in Dänemark und Norwegen
Das Midsommar-Fest hat sich in Schweden am stärksten etabliert. Dennoch wollen wir die skandinavischen Nachbarn Dänemark und Norwegen nicht außer Acht lassen. Das sankthansaften, wie es hier heißt (oder Sankt Hans auf Deutsch), war für die Dänen und Norweger einst der Tag, an dem die weisen Männer und Frauen Heilkräuter für das ganze Jahr sammelten.
In Dänemark und Norwegen findet sankthansaften immer am 23. Juni statt. Auch hier werden Volkslieder in lauter, ausgelassener Stimmung zum Besten gegeben, doch anders als in Schweden dreht sich im restlichen Skandinavien alles um ein Freudenfeuer.
Riesige Feuer werden an Stränden gezündet und sollen so böse Geister vertreiben. Vor dem Abbrennen des Feuers hält meist eine berühmte lokale Persönlichkeit eine kurze Rede. Dazu gibt es ein ausgiebiges Picknick und oft auch Fackel- oder Laternenumzüge. Der Maibaum ist zu diesem Anlass eher untypisch in Dänemark und Norwegen.
Erlebt den Zauber der Geselligkeit – beim Mittsommer in Schweden
Viele Illustrationen des Mittsommers zeigen Feen oder Elfen wie sie durch den Wald flattern und den Pflanzen ihre Fruchtbarkeit einhauchen. In der Tat ist der Zauber des fröhlichen Beisammenseins Grund genug, ein paar Tage im hohen Norden zu verbringen um mit ausgelassenen Schweden ein uraltes Fest zu feiern. Und wer weiß – vielleicht erscheint Euch ja im Träume Euer zukünftiger Partner?
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